Geänderter Energiebedarf - die Netze sind stabil
Interview mit Thomas Schuster, Technischer Betriebsleiter Strom der Wiener Netze
Das Leben ist anders, seit versucht wird, COVID19 einzudämmen und den Virus unter Kontrolle zu bekommen. Wenn der Stromverbrauch zu Hause steigt und weniger Menschen in die Arbeit fahren können, ist da wenigstens die Energieversorgung mit Strom und Gas sicher?
Ja! Die Wiener Netze sichern die Gas-, Strom- und Fernwärme-Versorgung in Wien, Teilen Niederösterreichs und des Burgenlands. Das ist einfach unser Job!
Strom, Gas und Fernwärme fließen auch jetzt reibungslos durch unsere Netze – auch wenn auf Empfehlung der Behörden die Einschränkungen im Alltag noch weiter andauern sollen. Und wenn es Störungen gibt, stehen unsere Einsatzteams rund um die Uhr, 7 Tage die Woche, bereit: in diesem Fall bitte einfach die Stromstörungshotline, den Gasnotruf oder die Fernwärmenummer anrufen!
Ist der etwas andere Alltag in Wien und dem Umland auch beim Energie-Verbrauch zu beobachten?
Mir fällt auf, dass wir so leben wie früher. Man steht etwas später auf als sonst. Zu Mittag wird zu Hause gekocht, das sieht man schön an den Gas- und Stromverbrauchspitzen in unserem Netz. Wenn alle arbeiten gehen, ist das nicht so sichtbar. Insgesamt wird zu Hause um 25 bis 30 Prozent mehr Strom verbraucht. Aber der Energiefresser ist nicht der Laptop von der Firma, sondern der Herd oder das Backrohr. Und natürlich ist der Energieverbrauch in unserem Versorgungsgebiet insgesamt um rund 15 % zurückgegangen. Weil wenn Firmen nicht mehr produzieren und die Gastronomie großteils stillsteht, sind deutliche Rückgänge beim Stromverbrauch zu verzeichnen. Da der Gas- und Fernwärmeverbrauch stark von der Außentemperatur abhängig ist, sind zurzeit keine wesentlichen Änderungen gegenüber der Netzlast im „normalen“ Leben sichtbar.
Wenn der Energieverbrauch so stark schwankt, ist das für das Netz nicht eine besonders kritische Situation ?
Nein, gar nicht. Die Netze sind stabil und die Versorgung ist sicher. Wir schauen da schon rechtzeitig drauf, dass genügend starke Leitungen vorhanden sind, um etwaige Schwankungen aufzufangen. Außerdem verzeichnen wir momentan sogar weniger Störungsmeldungen.
Warum gibt es gerade jetzt weniger Störungen?
Viele Bauarbeiten werden derzeit nicht durchgeführt. Oft wird durch Grabungsarbeiten von Baufirmen unabsichtlich ein Kabel beschädigt. Das fällt jetzt weg. Das Wetter ist derzeit auch sehr stabil, abgesehen von den Temperaturschwankungen, daher sind an den Freileitungen ebenfalls keine Störungen zu verzeichnen.
Welche Maßnahmen haben die Wiener Netze gesetzt, um in der Corona-Krise die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten?
Als Betreiber einer kritischen Infrastruktur gehört es für uns zum Standard, dass wir auf mögliche Krisen vorbereitet sind. Mit Notfallplänen gewährleisten wir, dass der Betrieb der Strom- oder Gas- und Fernwärmenetze aufrechterhalten werden kann – egal ob es technische Probleme, Naturkatastrophen oder andere Herausforderungen zu bewältigen gilt.
Wir befinden uns in laufender Abstimmung mit dem Krisenstab der Stadt Wien – und den zuständigen Stellen des Bundes.
Schon vor Wochen haben wir die Bereitschaftskapazität erhöht. Wir haben die Schichtdienste in den Einsatzteams und in den Leitstellen adaptiert: die MitarbeiterInnen begegnen einander nicht mehr persönlich, sondern kommunizieren übers Telefon oder online. Ich möchte hier die Gelegenheit nutzen, und mich bei allen KollegInnen, die derzeit im Dienst stehen, sehr herzlich bedanken! Aber auch bei ihren Familien, die großes Verständnis für die Arbeitszeitveränderungen haben.
Als die Bewegungseinschränkungen durch die Behörden kamen, haben wir die Kundenkontakte auf das Notwendigste reduziert. Das heißt Stromablesungen oder der Tausch eines elektronischen Stromzählers finden aktuell nicht statt. Und natürlich haben wir wie alle anderen die Hygienemaßnahmen verstärkt, Dienstreisen abgesagt und machen Besprechungen via Videokonferenz.